CAMPEN FÜR DIE UMWELT
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ECOCAMPING, DIE INITIATIVE FÜR NACHHALTIGES CAMPING AUS KONSTANZ
ECOCAMPING ist die europaweit führende Initiative für nachhaltiges Camping. Schwerpunkt ist sein Managementsystem, mit dem es sich direkt an die Betreiber von Campingplätzen richtet.
Wer steckt hinter diesem Unternehmen, das ausgehend von Konstanz in insgesamt 7 europäischen Ländern Campingplätze berät?
Von Anna Kiechle
VON FAHRRÄDERN, GETRÄNKEDOSEN UND DEM CAMPINGPLATZ KLAUSENHORN - WIE ES ZUR GRÜNDUNG VON ECOCAMPING KAM
Alles fing damit an, dass Marco Walter während seines Psychologie-Studiums an der Universität Konstanz Fahrräder reparierte. Bald wurde er gefragt, ob er auch auf dem Campingplatz Klausenhorn mit seinen Fertigkeiten helfen könne. Marco Walter sagte zu und kam nun regelmäßig auf den Campingplatz, um die Fahrräder für die Gäste wieder auf Vordermann zu bringen. Während der Arbeit kam er ins Gespräch mit den Campern und fand heraus, dass dem Campingplatz ein Ferienprogramm fehlte. Er kümmerte sich daher drei Jahre darum, den Gästen und ihren Kindern die Umgebung zu zeigen und Ausflüge mit ihnen zu machen.
1996 schrieb er seine Diplomarbeit zum Thema „Umweltpsychologische Maßnahmen auf Campingplätzen“, in der er den Erfolg seiner Kampagne „DoseNee am Bodensee“ dokumentierte. Durch die Maßnahmen konnten die Getränkedosen auf den beteiligten Campingplätzen deutlich vermindert werden. Nach seinem Abschluss kam die Bodensee-Stiftung auf ihn zu und schon bald war Marco Walter ihr Projektleiter für das Thema Umweltschutz auf Campingplätzen. Er koordinierte unter anderem die Installation von Solartechnik, einer Seewasserleitung für die Toilettenspülung und die Dachbegrünung auf dem Campingplatz Klausenhorn.
Im Oktober 1998 folgten 12 Campingplätze vom Bodensee seiner Einladung, sich die Umwelt-Innovationen vom Klausenhorn anzuschauen. Daraus entstand schließlich im Jahr 1998 die Initiative ECOCAMPING. Die Verbindung von „ECO“ und „CAMPING“ vereint Ökonomie und Ökologie auf Campingplätzen. Es scheint angesichts der englischen Namensgebung fast, als hätte man damals schon die Ahnung gehabt, dass aus der Konstanzer Initiative ein Netzwerk werden würde, das nicht nur über den Bodensee, sondern auch über Deutschland hinaus reicht. Der Anfang jedenfalls war gemacht!
Von der Initiative zum Verein – Networking zahlt sich aus
Schon kurz nach der Gründung erhielt ECOCAMPING eine zweijährige Förderung durch EU-Mittel. Diese Förderung ermöglichte die Entwicklung der ECOCAMPING-Methodik, die Beratungen, Workshops und Auszeichnungen für nachhaltige Campingplätze umfasst. Daraus entstand auch das ECOCAMPING Netzwerk mit heute über 200 Campingplätzen in 7 Ländern.
Dazwischen stand aber noch einiges an Zeit und Arbeit – nicht zuletzt war es nach der Gründung Ziel, ECOCAMPING bekannter zu machen. Marco Walter ging zusammen mit seinem wachsenden Team an Mitarbeitern auf Messen und nutzte verschiedene Gelegenheiten, um das Konzept vorzustellen: „Haben Sie schon von ECOCAMPING gehört? Nein? Dann erzähle ich Ihnen mal was darüber“, begann er das Gespräch. Das Networking hat sich ausgezahlt. So waren immer mehr Campingplätze an den Ideen zu nachhaltigem Camping interessiert und immer mehr Förderer erklärten sich zur Unterstützung bereit. Während er anfangs noch auf die Campingplätze zugehen musste, suchten nach Bekanntwerden der Initiative immer mehr Menschen ihn und sein Team auf.
Unterdessen wurde 2002 der ECOCAMPING Verein mit Marco Walter als Geschäftsführer gegründet, getragen von den wichtigsten Campingverbänden wie der Deutschen Umwelthilfe, dem Global Nature Fund, aber auch der Bodensee-Stiftung.
HEUTE
Heute haben über 200 Campingplätze mit jährlich 12 Millionen Übernachtungen eine ECOCAMPING-Auszeichnung. Dies bedeutet, dass pro Jahr drei bis vier Millionen Menschen nachhaltigen, durch ECOCAMPING zertifizierten Urlaub machen – eine ganze Menge!
„Einen Schritt voraus. Zufriedene Gäste, eine intakte Umwelt und dauerhafter Erfolg – das ist uns wichtig! Umwelt- und Naturschutz, Sicherheit und Qualität wollen wir stetig verbessern.“ Dies ist das Leitbild der Initiative. Betriebe mit ECOCAMPING-Management sind wirtschaftlich erfolgreicher, ressourceneffizienter und damit umweltschonender als solche ohne dieses Konzept. Das hat der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD) bereits vor 10 Jahren in einem deutschlandweiten Betriebsvergleich herausgefunden.
Von schwierigen Zeiten und tollen Menschen
ECOCAMPING ist insgesamt eine Geschichte des Gelingens, doch nicht immer lief alles glatt. Sehr schwer getroffen wurde die Initiative in einer größeren Krise, in der sogar der Fortbestand des Vereins auf dem Spiel stand.
Im Jahr 2016 wurden zwei Projekte gestartet, für die aufgrund des hohen finanziellen Aufwands um Förderung geworben werden musste. Als die Finanzierung in Aussicht gestellt wurde, wähnte man sich glücklich. Fest mit dem Erhalt des Geldes rechnend, richteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit danach aus. Schließlich kam die große Ernüchterung – der Antrag war wider Erwarten komplett abgelehnt worden. Nun stand ECOCAMPING vor einem schwerwiegenden Finanzierungsproblem. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren ihren Job.
Marco Walter hatte sich 2014 von ECOCAMPING verabschiedet, um TINK, ein öffentliches Mietsystem für Lastenräder, zu gründen. Nun, nur zwei Jahre später, wurde er vom Vereinsvorstand gebeten, wieder einzusteigen, um den Verein zusammen mit dessen Geschäftsführer Wolfgang Pfrommer aus der schweren Krise zu retten. Weil Marco Walter die Initiative zu wichtig fand, um sie untergehen zu lassen, und ihm auch viele Menschen der Campingbranche ans Herz gewachsen waren, stimmte er nach einiger Überlegung zu. Er gründete die ECOCAMPING Service GmbH und investierte sein eigenes Geld in die Rettung der Initiative. Bei der Beantragung neuer Förderungen zeigte sich, dass bisherige Unterstützer auch weiterhin auf das eigentlich funktionierende Konzept vertrauten. Dank des unerbittlichen Glaubens an die Idee dahinter und dank Engagement und Tatkraft gelang es, ECOCAMPING wieder auf einen erfolgreichen Pfad zu bringen.
Ein neues Team mit tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde seitdem aufgestellt. Wenn er von ihnen erzählt, spricht Marco Walter voller Begeisterung und Wertschätzung. Mit den anderen zusammenzuarbeiten, macht ihm richtig Spaß. Er schätzt auch überaus die Zusammenarbeit mit Wolfgang Pfrommer, den er seit gemeinsamen Projekten in seiner Studienzeit kennt.
VOM HELDEN DER GESCHICHTE
Marco Walter
Angefangen hat die Geschichte des Gelingens mit Marco Walter als Psychologiestudent und Fahrradreparateur auf dem Campingplatz Klausenhorn. Der Diplompsychologe ist heute Gründer und Geschäftsführer der zwei Unternehmen ECOCAMPING und TINK, engagiert sich in der Umweltpsychologie und lehrt an der HTWG Konstanz im Bereich „Nachhaltige Mobilität“.
Wenn man ihn zum ersten Mal sieht, fällt sogleich seine freundliche, ausgeglichene und in sich ruhende Art auf. Wenn man sich mit ihm unterhält, nimmt man seine Besonnenheit wahr, seine weitreichende Lebenserfahrung und seine bodenständige Art. Marco Walter ist keiner, der große Sprüche macht, sondern einer, der die Dinge kompetent und tatkräftig angeht.
Außerhalb der Arbeit verbringt er seine Zeit gerne mit Familie und Freunden, genießt Spaziergänge im Wald oder liest auch mal ein Buch. Doch Arbeit und Freizeit, erzählt Marco Walter, sind für ihn nicht unbedingt getrennt. Er macht sie gerne, seine Arbeit fühlt sich nicht wie Arbeit an.
„Arbeit ist Lebenszeit.“
Marco Walter
Was ihm immer mehr klar geworden ist: „Arbeit ist Lebenszeit.“ Sämtliche Ressourcen wie Geld und Ideen sind nicht begrenzt – die eigene Lebenszeit ist es aber schon. Deshalb sei es bedeutsam, sie mit Bedacht zu nutzen und gut zu überlegen, mit wem und wofür man seine Lebenszeit verbringt.
Bei ECOCAMPING ging es Marco Walter besonders um den Nachhaltigkeitsaspekt. Seine eigenen Prinzipien und Werte, darunter eben die Nachhaltigkeit, sind Marco Walter sehr wichtig. Dies zeigt sich auch darin, dass er nie seine Unternehmen verkauft hat. Sie sind für ihn Lebensprojekte.
Von den Campingplätzen als Lernorte der Nachhaltigkeit
Ein Gedanke ist, dass die Besucher der Campingplätze, die durch ECOCAMPING betreut werden, aufgrund der nachhaltigen Maßnahmen Denkanstöße mit nach Hause nehmen und zu neuen Gewohnheiten angeregt werden. Dem Unternehmen geht es aber nicht darum, den Menschen etwas aufzuzwingen: Sie machen Urlaub, sind freiwillig auf den Campingplätzen und sollen sich vor allen Dingen wohlfühlen. Viele dürfte es aber freuen, damit der Umwelt etwas Gutes zu tun.
Ob nachhaltiger Urlaub oder nicht, das können Urlaubsgäste selbst, aber auch die Anbieter von Angeboten entscheiden.
Doch Marco Walter ist überzeugt:
„Die Einzelnen und auch die Unternehmen können durch ihre Entscheidungen zwar den Wandel vorbereiten, letztendlich muss aber die Politik den richtigen Rahmen stecken, damit die Menschheit eine lebenswerte Zukunft hat.“